Der Verdampfungskristallisationsturm ist eine hocheffiziente Prozesslösung
01.07.2017
Mehr als 30 Jahre sind seit der ersten Inbetriebnahme eines kontinuierlich arbeitenden Verdampfungskristallisationsturms (VKT) in Deutschland vergangen. Seitdem findet der VKT mehr und mehr Anwendung. Zuerst in europäischen Rübenzuckerfabriken, dann 1995 in Dubai im erstmaligen Einsatz für hochreine Produkte (Reinheit des Magmas ca. 99,5 Prozent) und in den vergangenen Jahren auch in Rohrzuckerfabriken, um deren Effizienz zu erhöhen.
Dass der VKT sowohl in Rüben- und Zuckerrohrfabriken als auch in Zuckerraffinerien immer häufiger eingesetzt wird, hat seinen Grund. Die Weiterentwicklung der Mess- und Regeltechnik und der vermehrte Einsatz von Elektronik und Automatisierungstechnik schafften in den achtziger Jahren die Voraussetzungen für den automatisierten Betrieb von diskontinuierlichen Verdampfungskristallisatoren (DVK).
Weniger Wasserzugabe, sinkender Energieverbrauch
Die Erfahrung der Zuckerhausmeister und Anlagenfahrer wurde weiterhin gebraucht. Ihre Aufgaben aber wurden weniger und beschränkten sich immer mehr auf die Überwachung der Anlagen und Prozesse. Im automatisierten Betrieb konnte durch einen gleichmäßigen Druck im Brüdenraum die Übersättigung konstanter gehalten und damit der Feinkornanteil stark reduziert werden. Die Wasserzugabe für das Auswaschen des Feinkorns und der Energieverbrauch für die Kristallisation sanken.
Von da an war es nur ein kleiner Schritt, um den VKT in vertikaler Bauweise ein- zusetzen. Für seine Weiterentwicklung machte man sich die Vorteile der DVK zunutze. So sorgen starke Rührwerke für eine kontinuierliche Umwälzung und da- mit für einen guten Wärmeübergang.
Im Vergleich zu den DVK werden die Kammern des VKT mit einem geringeren Niveau von ca. 400 Millimetern über Heizkammeroberkante betrieben. Dadurch be- nötigt er deutlich weniger Heizdampfdruck. Bei reduzierten Leistungen ist so eine Absenkung des Heizdampfdrucks und damit der Wasserverdampfung problemlos möglich. Eine Wasserzugabe ist nicht notwendig. So kann – zum Beispiel bei Stillstand der Zuckertrocknung oder der Zentrifugen – die Wasserverdampfung und damit der Magmamassenstrom durch Reduzierung des Heizdampfdrucks auf null herabgesetzt werden, ohne die Zirkulation des Magmas wesentlich zu beeinträchtigen.
Warum die Isolierung entscheidend ist
Um den Wärmeverlust und die Feinkornbildung am Außenmantel zu reduzieren, werden die DVK isoliert. Diese Isolierung ist bei den VKT noch wichtiger, um die Reinigung der Kammern so weit wie möglich zu vermeiden. Zusätzlich zur Isolierung verwandte man deshalb bei hochreinen Lösungen an kritischen Stellen (doppelkonischer Ablaufboden; Be- reich zwischen Unterkante Heizkammer und Ablaufboden) einen Doppelmantel. Die Beheizung erfolgte mit Dampf bzw. Kondensat. Eine Temperaturabsenkung des Magmas in diesen Bereichen und damit eine Übersättigungserhöhung und Inkrustationsgefahr wurde damit stark verringert. Um Korrosionsprobleme im Doppelmantel zu vermeiden – sie können hier bei Stillstand außerhalb der Kampagne entstehen – werden heute in diesen Bereichen nur noch elektrische Heizbänder verwandt.
Die Regelung des VKT hat sich stetig verbessert. So ist es möglich, mit konstantem Druck im Brüdenraum den Trockensubstanzgehalt des Magmas in jeder Kammer entsprechend der Vorgabe des Sollwertes gleichmäßig einzustellen. Auf Durchsatzschwankungen reagiert man mit Heizdampfdruck-Anpassung. Die verschiedenen Regelungskreise sind so miteinander verknüpft, dass der Anlagenfahrer bis auf diese Anpassung vor allem Überwachungsaufgaben übernimmt.
Große Dampfeinsparung, hohe Prozesskonstanz
Seit Mitte der neunziger Jahre finden VKT verstärkt in Zuckerraffinerien Einsatz – für hochreine Magmen. Für die Dampfversorgung des VKT kann oftmals der Brüden des ersten Fallstromverdampfers für die Kläreeindickung mit einem Druck von deutlich unter 1 bar absolut verwendet werden. Die Folge: eine erhebliche Dampfeinsparung und eine sehr hohe Prozesskonstanz.
Durch die hohen Reinheiten im R1-Magma von Zuckerraffinerien ist es notwendig, die einzelnen Kammern ca. alle sieben Tage zu reinigen. Durch die Möglichkeit, jede einzelne Kammer (Bypass) zu umfahren, kann man den VKT während des Auskochens mit nahezu gleicher Durchsatzleistung betreiben. In einer Zuckerraffinerie ist es möglich, ihn das gesamte Jahr ohne Unterbrechung zu fahren.
Bei den niedrigeren Reinheiten in allen Kristallisationsstufen in Rüben- und Rohrzuckerfabriken ist der Abstand zwischen zwei Reinigungsphasen deutlich länger. So vergehen bei Nachprodukt-Magma 50 bis 60 Tage von einer Reinigung zur nächsten. Die Reinigung einer Kammer dauert ca. 5 Stunden. Auch während dieser Zeit kann der VKT durch Heizdampfdruckanpassung mit Nominalleistung weiter betrieben werden.
Seit einigen Jahren gewinnt der VKT auch in Rohrzuckerfabriken an Bedeutung. Ziel ist die Energieeinsparung im Produktionsprozess – zusammen mit einem kontinuierlicheren Betrieb und konstanterer Magmaqualität. Weiterer Vorteil: Mit der Bagasse, die zusätzlich zur Verfügung steht, kann Elektroenergie erzeugt, ins öffentliche Netz eingespeist und verkauft werden.
Zwar verbrauchen VKT durch die leistungs- starken Rührwerke mehr Elektroenergie, aber: Durch die Rührwerke kann ein bedeutend höherer Kristallgehalt im Magma erreicht werden. Weniger Ablaufzirkulationen im Zuckerhaus senken den Gesamtenergieverbrauch der Rohrzuckerfabrik deutlich.
Unsere Aufträge: Neuinstallationen, Ersatzanlagen, Erweiterungen
Neben den Neuinstallationen hat BMA in den vergangenen zwei Jahren auch Ersatzaufstellungen und Erweiterungen in Auftrag genommen. In Deutschland, im Werk Clauen von Nordzucker, tauschten wir alte Apparate gegen einen VKT für Nachprodukt und einen für Weißzucker aus.
In der Rübenzuckerfabrik Sidi Bennour und in der Zuckerraffinerie Casablanca von Cosumar in Marokko erweiterten wir den 3-Kammer-VKT für Nachprodukt- Magma und den 4-Kammer-VKT für R1-Magma um jeweils eine Kammer. Ziel: Erhöhung der Kapazität und Optimierung des Zuckerhauses. Bei Neuinstallationen werden die VKT-Fundamente grundsätzlich so geplant, dass die Erweiterung um eine Kammer ohne Probleme möglich ist.
Das Auftragsbuch von BMA belegt, dass der VKT auch außerhalb Europas immer mehr Abnehmer findet. Wir gehen davon aus, dass diese Entwicklung anhält und dass der VKT im Zuge der Dampfeinsparung auch in Rohrzuckerfabriken weiter stark an Bedeutung gewinnen wird.