In der Zuckerindustrie hat BMA in vielerlei Hinsicht Pionierarbeit geleistet – so auch in der Entwicklung der Extraktionstürme. Mitte des vergangenen Jahrhunderts starteten wir als erstes Unternehmen den Versuch, Zuckerrübenschnitzel im industriellen Maßstab durch ein kontinuierlich arbeitendes System zu verarbeiten.
01.07.2018
Die Entwicklung der Extraktionstürme zählt zu den bedeutendsten und schwierigsten in der Rübenzuckerindustrie. Erste Versuche der kontinuierlichen Extraktion von Zuckerrübenschnitzeln mit einem doppelsäuligen Turm begannen im Jahr 1939. Acht Jahre später erwarb BMA die Lizenz für seinen Bau. Kurz darauf nahm der deutsche Zuckerhersteller Pfeifer & Langen in seinem Werk in Ameln den ersten doppelsäuligen Extraktionsturm in Betrieb. Seine Verarbeitungsleistung: 600 Tonnen täglich.
Einsäuliger Extraktionsturm in Fabrik Elsdorf
Aus der engen Zusammenarbeit mit unseren Kunden entwickelte sich der einsäulige Extraktionsturm. In diesem wurden die vorbehandelten Schnitzel innerhalb der Welle nach unten befördert und über Verteiler auf den Querschnitt des Extraktionsturms verteilt. Den ersten Turm dieser Art setzte Pfeifer & Langen im Werk Elsdorf ein – für eine Rübenverarbeitung von 1.200 Tonnen pro Tag.
Als es zwei Jahre später gelang, die Schnitzel in das Turmunterteil mit Pumpen zu befördern und auf die innere Zuführschnecke zu verzichten, bedeutete das den endgültigen Durchbruch in der Turmextraktion. Wieder war es das Werk Elsdorf, das diese Technologie zuerst verwendete.
Von diesem Zeitpunkt an steigerte sich die Nachfrage erheblich. In großen Stückzahlen brachten unsere Kunden die Türme zum Einsatz – in Rübenanbaugebieten auf der ganzen Welt von Frankreich, England und Italien über Jugoslawien, die UDSSR und CSSR bis in die USA und Japan. Im Jahr 1960 hatte BMA 150 kontinuierliche Extraktionstürme geliefert.
Weniger Energieverbrauch, bessere Anlagen
Seit dem Einsatz von Schnitzelpumpen besteht das System aus einem Separator und einer nachgeschalteten Schnitzelmaische, die mehr und mehr verbessert wurde. Die moderne Gegenstrom-Schnitzelmaische erzeugt ein pumpfähiges Schnitzel-Saft-Gemisch, und es gibt einen Wärmeaustausch zwischen Schnitzel und Saft. Es entsteht kalter Rohsaft, der mit Kristallisationsbrüden angewärmt wird. Diese Primärenergie-Einsparung und die Entschäumung mit Teilstromsterilisation führten zur weiteren Optimierung des Systems.
In Zusammenarbeit mit Kunden verfeinerte BMA das System bis in die neunziger Jahre hinein. Die Infektionsgefahren sanken, die Leistungen stiegen. Ein wichtiger Schritt war die Entwicklung des Bogiflex/Fleflex-Turmantriebs. Dieser neue Antrieb ermöglichte es, Extraktionstürme mit mehr als sieben Metern Durchmesser und Verarbeitungsleistungen von mehr als 5.000 Tonnen täglich zu bauen.
Verarbeitungsleistungen erreichen neue Dimensionen
Bis 1991 hatte BMA bereits 344 Extraktionsanlagen im In- und Ausland gebaut. Im selben Jahr setzte das österreichische Unternehmen Agrana im Werk Hohenau die erste Extraktionsanlage mit einer Rüben-Nennverarbeitung von 10.000 Tonnen/Tag in Betrieb. Damit war die Möglichkeit da, Fabriken mit einer Verarbeitungsleistung von bis zu 12.000 Tonnen pro Tag mit nur einer Turmextraktionsanlage auszurüsten.
Und die Entwicklung ging weiter: Das System Turm 2000 verzichtete auf die wartungsaufwendigen Bodensiebe mit den großen darunterliegenden Saftkammern. Die Besiebung erfolgt über Seitensiebe, die einen wesentlich größeren Saftabzug über strömungstechnisch optimierte Kanäle zulassen. Der komplette Siebbereich ist in Edelstahl gefertigt. Dieses Funktionsprinzip testete Nordzucker in einem umgebauten Extraktionsturm in der Zuckerfabrik Klein Wanzleben in Deutschland. Der erste großtechnische Turm 2000 mit einem Durchmesser von 8,6 Metern, ausgelegt für eine Rübenverarbeitung von 6.500 Tonnen/Tag, wurde 1998 in der Zuckerfabrik Szerencs in Ungarn errichtet.
Spezialwerkstoff sorgt für Entwicklungsschub
Ein neuer Antrieb auf Basis des Bogiflex/Fleflex-Turmantriebs läutete die nächste Evolutionsstufe ein. Neben Kostenvorteilen durch Einsatz moderner Planetengetriebe war besonders der segmentierte Zahnkranz aus Spezialwerkstoff ein bedeutender Schritt nach vorne. Das sorgte für den wesentlich einfacheren Transport von Antriebskomponenten in ferne, bisweilen abgelegene Fabriken und erleichterte die Montage erheblich. Die Premiere des Antriebs erfolgte im Jahr 2003 im Werk Frauenfeld der Schweizer Zucker AG.
Mit den Fabriken wuchsen auch die Extraktionstürme in die Höhe. Neben den Verarbeitungsleistungen setzten die Technologien auch in Hinsicht auf Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit neue Maßstäbe. Seit vergangenem Jahr bereichert der weltgrößte Extraktionsturm die Zuckerfabrik Al Nouran in Ägypten – mit einem Außendurchmesser von 13,6 Metern. Größte Herausforderung war die transport- und montagegerechte Herstellung der Anlagenbauteile.
Erfolgreich in kalten und heißen Regionen
Derzeit sind Extraktionsanlagen von BMA in 33 Rübenanbauländern in Betrieb. Weil die Türme auf der ganzen Welt verteilt und die Rübenkampagnen in den Ländern verschieden sind, laufen die Anlagen jeden Tag im Jahr. Mit unseren Erfahrungen gelingt ihr erfolgreicher Einsatz sowohl in den nördlichen Rübenanbaugebieten wie Finnland, Kanada und Russland wie auch im Süden in Marokko und Ägypten. Mit Extraktionsanlagen von BMA können sowohl Frostrüben in den USA als auch Rüben mit hohen Trockensubstanzen in den afrikanischen Ländern verarbeitet werden.